VOLLMOND

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'Vollmond: Profound Sounds in an empty Reservoir'

with Jürg Grau (trumpet), Philipp Zehnder (percussion), Matthias Ziegler (flute) a.o.
CD Creative Works Records CW 1033

 

 

Liner Notes

Es ist Nacht. Vollmond zwar, doch der lugt nur bisweilen zwischen den Wolken
durch. Da sind Sie froh, dass Fackeln Ihnen den Weg über den Rasen weisen zu
dem gedrungenen Gebäude, an dessen Rückseite Sie über ein paar Stufen ins
Innere gelangen, einen klammen Raum, von dem eine steile Treppe hinabführt
in ein riesiges Gewölbe. Mit seinen Betonstützen erinnert es an eine
Kathedrale in einem expressionistischen Stummfilm. Doch dieses Gewölbe ist
alles andere als stumm: Noch das kleinste Geräusch hallt mehrere Sekunden
lang, das blosse Quietschen einer Bank auf dem Betonboden wird zum
Klangereignis. So wagt keiner von uns, zu husten oder sich gar zu
schneuzen, denn wir sind gekommen, jene Musiker zu hören, die diesen
einzigartigen Hallraum heute Abend erforschen, ausloten wollen. 
Der vorne rechts, dessen Maultrommel gerade klingt, als platschten
Wassertropfen zu Boden, heisst Jürg Grau. Er hat diesen Raum, einen
Wasserspeicher aus dem Jahr 1922, der seit bald dreissig Jahren leer steht,
entdeckt. Der Mann links, der die "whirlies" genannten Schläuche sausen
lässt, ist Philipp Zehnder. Und dieses ferne, dumpfe Schwirren, stammt das
von einem didgeridoo, einem ausgehöhlten Baumstamm? Nein, es ist eine
Bassklarinette ohne Mundstück, und der sie bläst ist kein australischer
Ureinwohner, sondern ein Schweizer mit Namen Peter A. Schmid. 
Fast 2000 Kubikmeter Wasser hat dieser Raum einst geborgen. Jetzt breiten
Töne sich darin aus wie Ringe auf der Oberfläche eines Teichs, überlagern,
durchdringen einander. Gross ist die Gefahr, dass alles zerläuft, die
Konturen verliert, wie wenn ein Pianist seine Schwächen mit zuviel Pedal zu
verbergen sucht. Doch keine Angst. Wir haben es mit Improvisatoren zu tun,
die ihre Erfahrungen analysiert und verdichtet haben. Nie verlieren diese
Navigatoren die Orientierung, sie sind ganz in ihrem Element. Wie ein Wal
singt die Posaune, die Flöte schwebt, die Trompete schickt Signale aus, und
darunter wummert drängend der Weinkisten-Stehbass. 
Ur-Ambient ist das, berauschend, halluzinogen. Wir legen uns hin, wir
schliessen die Augen. Wir tauchen ab.